In der Anthologie "2029 - Geschichten von morgen", widmen sich elf der spannendsten Autorinnen und Autoren der Frage, wie unser Leben am Ende des angebrochenen Jahrzehnts aussehen wird. In ihren Beiträgen spinnen sie aktuelle Veränderungen im Alltag und rezente technologische Entwicklungen weiter und malen sich auf unterschiedlichste Weise aus, wie unsere Zukunft aussehen könnte.
1. Die Autoren
In der von Stefan Brandt, Christian Granderath und Manfred Hattendorf herausgegebenen Anthologie „2029 - Geschichten von morgen“ versammelt der Suhrkamp-Verlag elf renommierte Autorinnen und Autoren der Gegenwart, die zum Teil bereits im Suhrkamp-Verlag veröffentlichen, zum Teil aber auch bei anderen Verlagen ihre Bücher herausbringen. Es ist gut, dass Suhrkamp für die Anthologie über die Verlagsgrenzen hinausschaut. So liest man in dem Sammelband auch Geschichten von aufregenden zeitgenössischen Autorinnen und Autoren wie Vea Kaiser, Olga Grjasnowa oder Leif Randt, die sonst an anderer Stelle veröffentlichen. Dass die Verantwortlichen für das Thema „Near Future“ die Texte von nur drei Autorinnen (Emma Braslavsky, Olga Grjasnowa, Vea Kaiser) bei acht Männern ausgewählt haben, stimmt jedoch nachdenklich. Ein solches Verhältnis erinnert eher an 1999, als dass es an das Jahr 2029 denken lässt.2. Der Klappentext
„Wir wissen nicht, was uns die Zukunft bringen, was uns morgen beschäftigen wird, wie wir zusammenleben und lieben, wie Mensch und Maschine miteinander auskommen werden und ob uns die beste aller Welten erwartet - oder eher nicht. Wir wissen es nicht, aber neugierig sind wir schon …Elf renommierte Autorinnen und Autoren der Gegenwart erzählen in diesem Band ihre Sicht auf die nahe Zukunft. Ihre atmosphärisch dichten, spannenden und emotionalen Near-Future-Geschichten, die die subtilen Veränderungen unseres Alltags durch die derzeitigen technologischen Veränderungen nachvollziehen, bergen viele Überraschungen jenseits der üblichen Dystopien.“
3. Der Titel
„2029 - Geschichten von morgen“, ist im Kontext des Veröffentlichungsdatums der Anthologie zu verstehen. Ende 2019 steht ein neues Jahrzehnt bevor. Die 2010er Jahre, die für manche zu dem schrecklichsten zählen, was sie je erleben mussten, werden abgelöst von den 2020er Jahren, die wie ein weites, unbestelltes Feld vor uns liegen. Wie werden sie wohl werden? Wir wird unser Leben in zehn Jahren aussehen? Wo werden uns Entwicklungen wie digitale Überwachung, industrielle Automatisierung und künstliche Intelligenz hinführen? Die Fernsehredakteure des NDR und des SWR haben diese Frage in Zusammenarbeit mit dem Futurium, dem Berliner „Haus der Zukünfte“, an elf Autorinnen und Autoren gestellt. Für klassische Science Fiction liegt das Jahr schon zu nah, für die üblichen Dystopien ist es bereits zu greifbar. So behandeln alle Autorinnen und Autoren das Thema auf eine Art und Weise, die sehr nah am Menschen verankert ist, jenseits von Utopie und Dystopie.4. Der Clou
Nicht nur die im Buch versammelten Geschichten sind „von morgen“, sondern auch die Drucktechnik. Das Konzept, dass wir nicht wissen, was die Zukunft bringen wird, setzt der Suhrkamp Verlag so auf innovative Art und Weise bereits bei der Gestaltung des Bandes um. Jedes Exemplar wird per Zufallsgenerator individuell gestaltet. Durch das sogenannte „Irisdruckverfahren“ ist jede Ausgabe farblich so unterschiedlich gestaltet, wie sich auch die Zukunft eines jeden von der eines anderen unterscheidet.5. Die Stelle
„Als ich meiner Freundin Maxi-Lena zu Zeiten von Version 1.6 erzählte, dass ich im Laufe der kommenden Wochen in jeder Nacht mit einem Neutronenstirnband um den Kopf schlafen und dass ich dieses Stirnband auch tragen würde, wenn wir gemeinsam Musikvideos, Filme, Talkshows und Serien streamten, hörte sie auf, mich als attraktiven Mann wahrzunehmen.“Leif Randt, der bereits in Werken wie „Schimmernder Dunst über CobyCounty“ oder „Planet Magnon“ Geschichten auf der feinen Linie zwischen Utopie und Dystopie platziert hat, legt mit „SNOOZE (VERSION 2.7)“ den unterhaltsamsten Beitrag des Sammelbandes vor.
6. Die Bewertung
Das Modell der Anthologie scheint etwas aus der Mode gekommen zu sein. „2029 - Geschichten von morgen“, besticht dadurch, dass elf der spannendsten zeitgenössischen Autorinnen und Autoren Arbeiten zu demselben Thema abliefern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Near-Future-ExpertInnen wie Emma Braslavsky, Leif Randt oder Clemens J. Setz glänzen, andere wie Olga Grjasnowa oder Dirk Kurbjuweit machen es sich etwas zu leicht. Besonders letzterer präsentiert in seiner Geschichte über ein Smart Home, das sich selbstständig macht, eine Idee, wie man sie bereits in einem Tatort gesehen zu haben glaubt. Dass gerade dieser Entwurf einer von dreien ist, die bereits für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk umgesetzt werden, konterkariert in seiner Simplizität den Wunsch des Herausgeberteams, an Vorbilder wie Ex Machina, Real Humans oder Black Mirror anzuknüpfen.7. Die Fakten
„2029 - Geschichten von morgen“ mit Erzählungen von Emma Braslavsky, Dietmar Dath, Karl Wolfgang Flender, Thomas Glavinic, Olga Grjasnowa, Vea Kaiser, Dirk Kurbjuweit, Leif Randt, Clemens J. Setz, Nis-Momme Stockmann und Simon Urban ist am 27. Oktober 2019 im Suhrkamp Verlag in Berlin erschienen und kostet 18 Euro bei 542 Seiten.Weitere Informationen zum Buch
asdasd
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