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Friedemann Karig: Dschungel

Friedemann Karig: Dschungel

"Friedemann Karig hat den Reiseroman neu erfunden", heißt es auf dem Buchrücken von "Dschungel". Tatsächlich ist die Idee, das Reisen immer auch mit einer Reise in die Vergangenheit und die Erinnerungswelt zu verknüpfen, nicht ganz neu. Neu ist aber die Verbindung des Reiseromans mit Topoi der Jugendliteratur und des Abenteuerromans. Denn schlussendlich geht es in Friedemann Karigs Roman "Dschungel" um zwei beste Freunde, die immer noch fünfzehn sind, sich jetzt aber nicht mehr im heimischen Wald voreinander verstecken, sondern im kambodschanischen Dschungel.

1. Der Autor

Friedemann Karig wurde 1982 in Freiburg im Breisgau geboren und hat Medienwissenschaften, Politik, Soziologie und VWL studiert. Man kennt seine Texte und Reportagen aus der Süddeutschen Zeitung, dem SZ-Magazin, jetzt! und der Zeit, beispielsweise die Reportage „Der Fehltritt“ über die ungarische Kamerafrau, die einem Flüchtenden ein Bein gestellt hat. Daneben hat Karig das investigative funk-Format Jäger & Sammler moderiert, das für den Grimme-Preis nominiert war. Seit März 2019 produziert Karig den Interview-Podcast „Freidemann & Freunde“, das fünfte deutsche Podcast-Original von Spotify. Im Jahr 2017 erschien sein erstes Buch „Wie wir lieben. Vom Ende der Monogamie“ im Blumenbar-Verlag. „Dschungel“ ist sein erster Roman.

2. Der Klappentext

Er muss ihn finden. Seinen besten Freund, der schon immer auf der Jagd nach dem Extremen war - nie wird er vergessen, wie berauscht Felix neben ihm vor dem felsigen Abgrund stand, unter ihnen ragten die Klippen hervor wie aufgeklappte Messer. Doch selbst Felix sieht es nicht ähnlich, auf einer Reise in Asien spurlos zu verschwinden. Für den Erzähler steht fest:Nur er kann das rätselhafte Abtauchen aufklären. Dafür setzt er sogar seine große Liebe Lea aufs Spiel. Schließlich verbindet ihn mit Felix eine besondere Freundschaft - und ein Geheimnis, das sie ebenso eint wie trennt. Immer tiefer dringt der Erzähler auf seiner Suche in das wilde Kambodscha vor, in dieses nie genesene Land ohne Gedächtnis, immer verzweifelter durchforstet er seine Erinnerungen nach einem Hinweis, was passiert sein könnte. Bis er begreift, dass er den Freund nur retten kann, wenn er mit ihm verschwindet.

3. Der Titel

Die Bedeutung des Titels „Dschungel“ wird bereits auf der Rückseite des Buches aufgelöst: Auf der Suche nach seinem besten Freund Felix landet der Ich-Erzähler des Romans nicht nur in Kambodscha, sondern muss dort immer tiefer in den Dschungel eindringen, in der Hoffnung, den Gesuchten vielleicht dort zu finden. Der Titel evoziert aber auch Erinnerungen an einen Ausdruck, den sich die beiden immer als Kinder zuwarfen: „Bis später, im Dschungel!“ Damit meinten sie freilich den Wald um ihren Heimatort, den sie mit ihrer jugendlichen Vorstellungskraft nur zu gern gemeinsam hinter sich ließen.

4. Der Clou

Bereits im Klappentext wird ein Geheimnis angedeutet, das Felix und den namenlosen Ich-Erzähler verbindet, vor dem sie aber auch beide weglaufen. Bis auf die letzten Seiten bleibt es offen, worum es sich hier handelt. Bis dahin, bis zum Finale des Romans, findet eine diametrale Entwicklung statt. In abwechselnden Kapiteln dringt der Ich-Erzähler in Erinnerungsstücken immer weiter zu dem Geheimnis vor, während er gleichzeitig immer tiefer in den Dschungel eindringt. Während er sich immer mehr in Kambodscha verliert, kommt er der Aussprache dessen, was so lange verdrängt wurde, immer näher.

5. Die Stelle

Keine Reise ohne Flirt. Natürlich entfernt sich der Ich-Erzähler, je näher er seinem besten Freund Felix kommt, immer mehr von seiner Freundin Lea, die er zuhause zurückgelassen hat. Schließlich lernt er die Ukrainerin Lilith kennen. Die gegenseitige Anziehung manifestiert sich, beflügelt von einem MDMA-Ritual, in einer Szene, wie sie auch aus einem Godard-Film stammen könnte. „I quite like our lips“, meint der Ich-Erzähler, woraufhin Lilith „I quite like your hips“ erwidert.“I quite like your waist“, sagt der Ich-Erzähler, woraufhin Lilith meint: „I quite like your ways.“ Dann küssen sich beide, bevor es noch kitschiger wird.

6. Die Bewertung

Friedemann Karig gelingt es, ein authentisches Bild von angeblichem Individualtourismus in Kambodscha und Asien im Allgemeinen zu zeichnen. Hier sind seine Analysen und Beobachtungen treffend, allerdings erscheinen Vergleiche und Metaphern oft sehr gewollt. Handwerklich hat Karig seinen Roman wie eine gute Serie konzipiert und schafft es, bis zum Ende die Spannung aufrecht zu erhalten, obwohl trotz aller Rückschläge jeder Leserin und jedem Leser klar sein dürfte, dass der Ich-Erzähler seinen besten Freund am Ende finden muss. Eine Neuerfindung des Reiseomans, wie Max Scharnigg in seinem Zitat auf dem Buchrücken schreibt, ist „Dschungel“ nicht unbedingt, aber durchaus eine Lektüre, die nur ein paar Seiten zu lange gerät.

7. Die Fakten

„Dschungel“ von Friedemann Karig ist am 2. Mai 2019 im Ullstein Verlag in Berlin erschienen und kostet 22 Euro bei 384 Seiten. Zu kaufen gibt es den Roman in jedem guten Buchladen oder hier:

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